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Wie entwickeln Kinder mathematische Kompetenz? 

 01‑Okt‑2023

Von  Sabine Gessenich

Wie entwickeln Kinder mathematische Kompetenz?

Bereits Säuglinge sind in der Lage, Mengen zu unterscheiden. Der weitere Entwicklungsprozess von Kindern beim Rechnen lernen ist sehr komplex und hängt auch von der Ausbildung der Vorläuferfertigkeiten des Kindes ab.

Das Modell der mathematischen Kompetenzentwicklung (in Anlehnung an Fritz / Ricken / Gerlach) beschreibt mehrere Entwicklungsschritte, die nacheinander durchlaufen werden.

Stufe 1:

Das Kind nutzt die Relationsbegriffe "mehr", "weniger", "größer", "kleiner" und kann die Zahlwortreihe aufsagen, wie zum Beispiel ein Gedicht.

Dabei hat es aber noch kein Verständnis für die numerische Bedeutung der Zahlenwörter.

Stufe 2:

Das Kind nutzt die Zahlwortreihe, um eine Menge sicher in ordinalem Sinne "auszuzählen". Es beherrscht die Zahlenwortreihe auch rückwärts.

Schüler und Schülerinnen lernen auf dieser Stufe, durch Zählübungen, bei dem während des Zählens jeder Zahl ein Objekt zugeordnet wird, dass die Sequenzwörter (aus Stufe 1) zu Zahlwörtern werden, die in einer festen Reihenfolge stehen (ordinaler Zahlaspekt). Ferner lernen die Schüler und Schülerinnen auf dieser Stufe, dass sie Gegenstände zählen können, indem sie jedem Gegenstand ein Zahlwort zuordnen (1-zu1-Zuordnung). Damit können sie bereits einfache Aufgaben wie: Was sind drei blaue und vier rote Autos auszählen, ohne über ein Mengenbegriffsverständnis zu verfügen. Doch Vorsicht: Genau an dieser Stelle werden Schüler und Schülerinnen auf dieser Stufe häufig überschätzt. Diese Einsicht, dass gezählt werden muss, um eine Anzahl zu bestimmen, ist eine wichtige Erkenntnis zum kardinalen Verständnis (Mengenverständnis) und erfolgt erst in der nächsten Stufe.

Stufe 3:

Das Kind versteht, dass eine Zahl für eine Menge steht (Anzahl-Konzept). Warum hat diese Stufe eine besondere Bedeutung für das Rechnen lernen?

Auf dieser Stufe lernen die Schüler*innen, dass die Zahlen die Anzahl der in ihnen enthaltenen Elemente repräsentieren. Sie entwickeln ein Mengenverständnis, d.h. sie entwickeln innere Bilder von Mengen. Das macht es ihnen möglich, sich vom zählenden Rechnen lösen zu können.

Warum ist es für einige Schüler*innen besonders schwierig die Kompetenzen von Stufe 3 zu erlernen?

Einigen Kindern fällt es schwer, innere Mengenbilder abzuspeichern. Deswegen verharren sie beim zählenden Rechnen. Sie machen die Erfahrung, dass sie damit auch zu Ergebnissen kommen können. Nicht allen Kindern gelingt es dabei den Zählfehler +1 und -1 zu verhindern, aber einige Schüler und Schülerinnen erreichen eine unglaubliche Routine beim fehlerfreien Zählen.

Diese Kinder sollten wir besonders im Blick haben, und sie dabei unterstützen, innere Mengenbilder oder Mengenvorstellungen aufzubauen. Dabei sollten wir aber berücksichtigen, dass alle Kinder eine Phase durchleben, in der sie zählend rechnen. Das ist normal und im kleinen Zahlenraum eine mögliche Strategie. Wenn es im Unterricht verboten wird, ist das nicht zielführend!

Für den größeren Zahlenraum ist es keine günstige Strategie, weshalb wir die Schüler und Schülerinnen unterstützen sollten, bis zum Ende der ersten Klasse das zählende Rechnen abzulösen.

Stufe 4:

Das Kind versteht, dass eine Menge beliebig zerlegt und wieder zusammengesetzt werden kann (Teil-Ganzes-Konzept). Es erfolgt die Verbindung des Teile-Ganzes Konzept mit der Mengenvorstellung. Die Schüler und Schülerinnen entwickeln ein Verständnis, dass Zahlen zerlegbar sind und aus anderen Zahlen zusammengesetzt werden können, und es erfolgt eine tiefe Einsicht in den Aufbau der Zahlwortreihe. Das Teile-Ganzes Prinzip ist so bedeutsam, weil es als zentrale Kompetenz für die Addition und Subtraktion gilt.

Stufe 5:

Das Kind nutzt sein Verständnis des Zerlegens für die Entwicklung flexibler Rechenstrategien.

Warum können Sie nicht erwarten, dass alle Schüler und Schülerinnen in der ersten Klasse das Format der Platzhalteraufgaben (Wieviel plus 2=5, etc.) erlernen?

Da einige Schüler und Schülerinnen in der ersten Klasse noch Probleme haben ein Mengenverständnis gemäß der 3. Stufe zu erwerben und keine Stufe übersprungen werden kann, ist es diesen Kindern auch nicht möglich bereits ein Verständnis für Platzhalteraufgaben zu entwickeln.

Das muss man unbedingt in der ersten Klasse im Blick haben und entsprechend differenziert mit Platzhalteraufgaben im Unterricht umgehen.

Zur Unterstützung beim Erlernen der mathematischen Kompetenz empfehle ich Eltern und Lehrenden folgende Materialien oder Apps:

Zur Thema Vorläuferfertigkeiten lesen Sie bitte diesen Fachbeitrag: https://potentialo.de/vorlaeuferfertigkeiten-rechnen/

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