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Eine Teilleistungsstörung ist keine Lernbehinderung 

 29‑Apr‑2020

Von  Sabine Gessenich

Wissenswert für Eltern und Lehrende

Welche Arten von Teilleistungsstörungen gibt es?

Teilleistungsstörungen können sich auf die visuelle oder die auditive Wahrnehmung und auf die Motorik beziehen. Sie können Lernprozesse beeinträchtigen und sich in verschiedenen Fächern zeigen, müssen dies aber nicht. Werden Störungen nicht früh genug erkannt und erfolgt keine angemessene Reaktion, kann das Auswirkungen auf die Lernprozesse und die kindliche Psyche haben. Langfristig beobachtete Verhaltensweisen müssen auf jeden Fall auf verschiedenen Ebenen abgeklärt werden.
Die Störungen können von manchen Kindern durch angemessenes Lernen kompensiert werden. Aus diesem Grund  sollten Teilleistungsstörungen und Wahrnehmungsstörungen immer nur als Risikofaktoren, nicht aber als alleinige Ursache von schulischen Schwierigkeiten angenommen werden.

Teilleistungsstörung im visuellen Bereich – was ist zu beachten?

Auch wenn ein normaler Sehtest unauffällig ist, kann durch einen erfahrenen - auf diesen Problembereich spezialisierten - Augenarzt oder klinischen Optometristen festgestellt werden, dass bei einem Schüler das stereoskopische Sehen noch nicht abgeschlossen ist. Durch diese Schwäche in der visuellen Wahrnehmung kann es zu unvollständigen Verarbeitungen von Informationen in allen Schulfächern kommen. Dies kann die Rechtschreibung betreffen, aber auch das Erfassen von Anzahlen im Fach Rechnen. Beispielsweise wird eine vertikale Anzahl von Plättchen erkannt und wenn die gleiche Anzahl horizontal ausgelegt wird,  hat der/die Lernende Schwierigkeiten. Ein Grund für zusätzliche Verwirrung kann sein, dass die Hände etwas Anderes ertasten, als die Augen sehen können.

Im Sport werden eventuell Entfernungen falsch eingeschätzt. In der zwischenmenschlichen Kommunikation kann es zu Fehleinschätzungen kommen, weil der betroffene Schüler Mimik und Gestik der Anderen falsch bewertet.

Es ist wichtig für Lehrende zu wissen, dass solche Probleme allein durch eine Störung im visuellen Bereich entstehen können, bei völlig normaler Intelligenz!

Der Schüler oder die Schülerin müssen sich aufgrund ihrer Einschränkung mehr anstrengen und wirken deshalb möglicherweise schneller unkonzentriert. Wichtig ist auch hier wieder darauf zu achten, ob die Wahl des Sitzplatzes beziehungsweise ständiger Sitzplatzwechsel einen Einfluss hat. Die Information über die Einschränkung des Schülers/der Schülerin und eine angemessene Rücksichtnahme aller Beteiligten helfen, das eventuell abweichende Verhalten des Schülers richtig einzuordnen, um zu verhindern, dass psychische Schäden entstehen.

Eine Teilleistungsstörung im auditiven Bereich

 (festgestellt durch einen Pädaudiologen) wirkt sich auf das Sprachverständnis und die Sprachbenutzung aus. Dies hat Auswirkungen auf den Schulalltag mit den Klassenkameraden und Lehrern.

Es muss Verständnis dafür aufgebracht werden, dass ein Kind mit Hörproblemen sich mehr anstrengen muss, dem Unterrichtsgeschehen zu folgen, als seine Klassenkameraden. Vielleicht wirkt es deshalb früher unkonzentriert oder fragt häufiger nach. Oder fragt auch in Situationen nach, wo die Frage unnötig erscheint. Die Wahl des Sitzplatzes im Klassenzimmer ist für dieses Kind ganz besonders wichtig – hierauf muss auch geachtet werden, wenn über den Schulvormittag hinweg Klassenräume gewechselt werden. Die Grundgeräusche im Klassenzimmer beeinträchtigen diese Lernenden meist mehr als ihre Klassenkameraden, weil sie Höreindrücke anders verarbeiten. Wichtig ist also, dass alle Lehrpersonen über das Hörproblem und dessen mögliche Auswirkungen informiert sind, damit sie entsprechende Unterstützung geben können. Genauso wichtig ist es aber, dass die anderen Lernenden gegebenenfalls von der Klassenlehrerin informiert werden, damit sie Missverständnisse in der Kommunikation richtig deuten und bei der Sitzplatzwahl Rücksicht nehmen können.

Begriffsverwendung im Zusammenhang mit LRS oder Dyskalkulie

 Manchmal wird der Begriff Teilleistungsstörung in Verbindung mit Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) oder Dyskalkulie genannt und soll zum Ausdruck bringen, dass neben der individuellen Lernschwäche keine weiteren Lernschwierigkeiten bestehen. Siehe auch dazu die Begriffserläuterung auf Wikipedia. Besonders Neurobiologen lehnen die Verwendung des Begriffes Teilleistungsstörung in diesem Zusammenhang ab, weil er den Eindruck erweckt, das Rechtschreib- oder Rechenproblem würde durch irgendwelche Mängel im Kind selbst entstehen. Des Weiteren treten LRS oder Dyskalkulie selten isoliert auf. Meist haben die Kinder mit der Diagnose LRS auch Probleme mit dem Rechnen.


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