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Selbstreguliertes Lernen in der Grundschule: Wie wir Kindern beibringen, für das Leben zu lernen – und nicht nur für die Schule 

 15‑Okt‑2024

Von  Sabine Gessenich

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Selbstreguliertes Lernen in der Grundschule: Grundlagen, Herausforderungen und meine Mission als Lerntherapeutin

Das Ziel des Lernens – nicht nur für die Schule, sondern fürs Leben

In meiner Arbeit als Lerntherapeutin, insbesondere mit Kindern der 3. Klasse, begegne ich häufig denselben Herausforderungen: Kinder, die nur noch für Klassenarbeiten lernen und den eigentlichen Sinn des Lernens aus den Augen verlieren. Der Fokus liegt nicht mehr darauf, für sich selbst zu lernen, sondern einzig und allein auf der Erfüllung schulischer Anforderungen. Dies führt dazu, dass das Lernen mechanisch und kurzfristig wird, was den Kindern langfristig nicht hilft.

In einem Schulsystem, das von Tests und Notendruck geprägt ist, verlieren viele Kinder die intrinsische Motivation, sich intensiv mit Lerninhalten auseinanderzusetzen. Genau hier sehe ich meine Mission: Den Kindern beizubringen, dass sie nicht nur für die Schule, sondern für das Leben lernen – eine Überzeugung, die auf den berühmten Worten des Philosophen Seneca basiert. Dieser Satz „Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir“ prägt meine Arbeit, auch wenn ich ihn den Kindern nicht wortwörtlich vermittle. Mein Ziel ist es, den Kindern beizubringen, wie sie eigenverantwortlich und selbstreguliert lernen können, also Verantwortung für ihren Lernprozess übernehmen und sich nicht von externen Zwängen leiten lassen.

Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung des selbstregulierten Lernens, die Herausforderungen, die das Schulsystem den Kindern und Familien heute auferlegt, und wie wir als Lerntherapeuten Kinder auf ihrem Weg zum selbstregulierten Lernen unterstützen können.

Was ist selbstreguliertes Lernen?

Selbstreguliertes Lernen beschreibt die Fähigkeit, den eigenen Lernprozess bewusst zu steuern. Dazu gehört, Lernziele zu setzen, den Lernfortschritt zu überwachen, geeignete Lernstrategien zu wählen und auf Schwierigkeiten flexibel zu reagieren. Kinder lernen, ihre eigene Lernentwicklung zu verstehen und zu gestalten, statt sich nur auf äußere Anforderungen zu konzentrieren.

Selbstreguliertes Lernen besteht aus mehreren Phasen:

  1. Zielsetzung: Der Lernende formuliert eigene Lernziele.
  2. Planung: Der Lernende entwickelt Strategien, um diese Ziele zu erreichen.
  3. Durchführung: Der Lernende setzt die geplanten Strategien um.
  4. Reflexion: Der Lernende reflektiert über den Lernprozess und passt gegebenenfalls seine Strategien an.

Durch diesen Kreislauf entwickeln Kinder ein Gefühl der Selbstwirksamkeit und lernen, ihre Lernfortschritte kontinuierlich zu verbessern.

Herausforderungen im heutigen Schulsystem

Trotz der Bedeutung des selbstregulierten Lernens steht das heutige Schulsystem vielen dieser Ansätze im Weg. In meiner Arbeit sehe ich oft, wie schwer es Kindern fällt, sich von den ständigen Anforderungen zu befreien und den Blick auf das Lernen selbst zu richten.

Leistungsdruck und Testkultur

Einer der größten Stolpersteine auf dem Weg zum selbstregulierten Lernen ist der enorme Leistungsdruck. Bereits in der Grundschule erleben Kinder, wie Klassenarbeiten und Tests in immer kürzeren Abständen aufeinander folgen. Dies führt dazu, dass sie nur noch kurzfristig für Prüfungen lernen, anstatt langfristig und nachhaltig Wissen aufzubauen. In diesem Umfeld bleibt keine Zeit für die notwendige Reflexion und Auseinandersetzung mit eigenen Fehlern – stattdessen hetzen viele Kinder von Test zu Test. Ein tieferes Verständnis der Lerninhalte oder gar die Freude am Lernen bleibt oft auf der Strecke.

Überforderung der Familien

Diese Überlastung macht auch vor den Familien nicht halt. Viele Eltern empfinden den Druck des Schulsystems ebenso wie ihre Kinder. Oft sehe ich Familien, die nur noch von Urlaub zu Urlaub leben, weil der Schulalltag so stressig ist. Eltern fühlen sich verantwortlich, ihren Kindern bei der Testvorbereitung zu helfen, selbst wenn sie dadurch überfordert und gestresst sind. Diese angespannte familiäre Atmosphäre wirkt sich auch auf die Kinder aus, die den Druck deutlich spüren.

Fehlende Zeit für Reflexion

Ein weiterer Nachteil des aktuellen Systems ist die fehlende Zeit für eine angemessene Reflexion. Durch die ständige Vorbereitung auf den nächsten Test bleibt kaum Raum, um sich intensiv mit den Ergebnissen auseinanderzusetzen und aus Fehlern zu lernen. Fehler sollten als Chance verstanden werden, sich weiterzuentwickeln, doch die fehlende Zeit und die Schnelllebigkeit des Schulalltags verhindern oft eine tiefergehende Auseinandersetzung.

Der negative Wettbewerb

Das Schulsystem fördert in vielen Fällen einen negativen Wettbewerb, der darauf abzielt, besser als die anderen zu sein, anstatt den eigenen Lernfortschritt zu betonen. Kinder vergleichen sich oft mit ihren Klassenkameraden, was bei vielen Frustration und Selbstzweifel auslöst, besonders bei Kindern mit Lernschwierigkeiten. Dieser Vergleich lenkt den Fokus vom eigentlichen Ziel des Lernens – der persönlichen Weiterentwicklung – ab.

Der Weg zum selbstregulierten Lernen in der Grundschule

Trotz dieser Herausforderungen gibt es viele Möglichkeiten, Kinder bereits in der Grundschule auf den Weg zum selbstregulierten Lernen zu bringen. In meiner Tätigkeit als Lerntherapeutin verwende ich verschiedene Ansätze, die den Kindern helfen, Eigenverantwortung für ihren Lernprozess zu übernehmen und ihre Motivation aufrechtzuerhalten.

Zielsetzung und Eigenverantwortung fördern

Ein zentraler Bestandteil des selbstregulierten Lernens ist die Fähigkeit, sich eigene Lernziele zu setzen. Dies ist entscheidend, nicht nur für den kurzfristigen Lernerfolg, sondern auch für die langfristige Entwicklung von Selbstständigkeit und Motivation. In meiner Arbeit als Lerntherapeutin ermutige ich die Kinder, realistische und erreichbare Ziele zu formulieren, die sie Schritt für Schritt umsetzen können. Diese Ziele sind nicht von mir vorgegeben, sondern werden vom Kind selbst entwickelt. Dadurch wird das Gefühl der Eigenverantwortung gestärkt, und die Kinder lernen, ihre eigenen Lernbedürfnisse zu erkennen.

Ganz konkret habe ich nach den Sommerferien mit jedem Kind in meiner Therapie die Ziele bis Weihnachten festgelegt. Dies sind keine vagen Vorgaben, sondern konkrete und messbare Ziele. Ein Beispiel für ein langfristiges Ziel könnte sein: „Ich möchte bis Weihnachten die Groß- und Kleinschreibung beherrschen.“ Übrigens: Gerade das Beherrschen der Groß- und Kleinschreibung kann einen enormen Effekt auf das Schreiben der Kinder haben. Wenn sie erst einmal verstehen, welche Wörter in einem Satz Nomen sind, ergibt sich die korrekte Schreibung von Adjektiven und Verben oft von selbst. In Kombination mit der Regel, dass der Satzanfang immer großgeschrieben wird, können Kinder häufig auf einen Schlag bis zu einem Drittel ihrer Rechtschreibfehler vermeiden.

Diese Erfolgserlebnisse stärken das Selbstvertrauen der Kinder und helfen ihnen, ihre Lernfortschritte selbst zu überprüfen. Indem das Kind die Verantwortung für diese Ziele übernimmt, wächst nicht nur das Gefühl der Selbstwirksamkeit, sondern auch die Motivation, die gesteckten Ziele zu erreichen.

Fehler als Lernchance nutzen

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum selbstregulierten Lernen ist der Umgang mit Fehlern. In meiner Arbeit versuche ich, den Kindern zu vermitteln, dass Fehler keine Rückschläge sind, sondern wertvolle Gelegenheiten, um zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Nach jeder Klassenarbeit oder Lernaufgabe nehmen wir uns Zeit, um die gemachten Fehler gemeinsam zu analysieren. Dabei geht es nicht nur darum, was falsch war, sondern vor allem darum, was das Kind daraus lernen kann.

Durch diesen Prozess lernen die Kinder, ihre eigenen Stärken und Schwächen zu erkennen und ihre Lernstrategien anzupassen. Diese Reflexion hilft ihnen, den Lernstoff langfristig zu verstehen und nicht nur kurzfristig für den nächsten Test zu lernen.

Flexibilität bei Lernmethoden

Nicht jedes Kind lernt auf dieselbe Weise. Manche Kinder brauchen visuelle Hilfsmittel, andere lernen besser durch Bewegung oder durch Wiederholung. In meiner Arbeit als Lerntherapeutin experimentiere ich mit verschiedenen Lernmethoden, um herauszufinden, welche für das jeweilige Kind am effektivsten sind. Dies kann das Verwenden von visuellen Lernkarten, Bewegungsspielen oder kreativen Erzählmethoden sein, um Lerninhalte zu veranschaulichen.

Indem die Kinder verschiedene Lernmethoden ausprobieren, entdecken sie, welche Lernstrategien für sie am besten funktionieren. Dies fördert nicht nur die Selbstständigkeit, sondern gibt ihnen auch die Fähigkeit, flexibel auf Herausforderungen zu reagieren und ihre Lernmethoden bei Bedarf anzupassen – eine Kernkompetenz des selbstregulierten Lernens.

Motivation durch kleine Erfolgserlebnisse

Ein zentraler Baustein des selbstregulierten Lernens ist die Selbstmotivation. Viele Kinder, insbesondere solche mit Lernschwierigkeiten, verlieren jedoch schnell die Motivation, wenn sie auf Hindernisse stoßen. Hier versuche ich, durch gezielte Maßnahmen kleine Erfolgserlebnisse zu schaffen, die das Selbstbewusstsein der Kinder stärken.

Bereits kleine Fortschritte, wie das richtige Schreiben schwieriger Wörter oder das Meistern einer neuen Rechenstrategie, können große Erfolge für die Kinder sein. Diese positiven Erlebnisse zeigen ihnen, dass sie in der Lage sind, Herausforderungen zu meistern, und fördern ihre Motivation, weiterhin eigenständig zu lernen.

Selbstreguliertes Lernen als Schlüssel für langfristigen Erfolg

Selbstreguliertes Lernen ist nicht nur eine wertvolle Kompetenz für den schulischen Erfolg, sondern auch für das Leben. Es hilft den Kindern, Verantwortung für ihren Lernprozess zu übernehmen, ihre Ziele zu verfolgen und dabei flexibel auf Herausforderungen zu reagieren. In einem Schulsystem, das häufig von Leistungsdruck und Wettbewerb geprägt ist, ist es umso wichtiger, den Kindern beizubringen, wie sie selbstständig lernen können.

In meiner Arbeit als Lerntherapeutin sehe ich es als meine Aufgabe, die Kinder dabei zu unterstützen, ihre eigenen Lernstrategien zu entwickeln und ihre Erfolge zu reflektieren. Nur so können sie lernen, dass das Lernen nicht nur für die Schule ist, sondern sie ein Leben lang begleiten wird.

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