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Wie lernt man eigentlich Schreiben und Lesen? 

 21‑Feb‑2017

Von  Sabine Gessenich

In der Welt der Sprache sind Sprechen, Schreiben und Lesen untrennbar miteinander verbunden. Sie bilden einen ganzheitlichen Prozess, der weit über das bloße Erkennen von Buchstaben hinausgeht. Insbesondere das Lesen ist von essentieller Bedeutung, denn es bedeutet mehr als nur das Erfassen von Wörtern auf einer Seite. Lesen ist die Fähigkeit, Texte zu verstehen, ihre Bedeutung zu entschlüsseln und sich mit den darin enthaltenen Inhalten auseinanderzusetzen. Es ist ein Akt des Denkens, des Wissens und der Interpretation, der nicht nur intellektuelle Fähigkeiten, sondern auch Interesse und Motivation erfordert.

Doch bevor ein Kind in der Lage ist, Texte zu lesen und zu verstehen, muss es den Prozess des Schreibens erlernen. Die Stufen des Schreiben-Lernens sind entscheidend für die Entwicklung der schriftlichen Kommunikationsfähigkeiten eines Kindes.

Stufen des Schreiben-Lernens


Die erste Stufe des Schreiben-Lernens ist das Kritzeln als Nachahmung des Schreibprozesses. Hier wird die Koordination von Auge und Hand geschult und die „Schrift“ auch sinnbezogen eingesetzt, d.h. das Kind erläutert, was es gerade zu Papier bringt. Der Stellenwert dieser Anfänge des Schreibens ist nicht zu unterschätzen. Er erleichtert den späteren Zugang zur Schrift. Es folgt das Malen von Buchstaben bzw. Bilder-Entwerfen als Vorform des Schreibens. Hieraus entwickelt sich ein Verständnis für die Beziehung zwischen Laut und Buchstabe. Es folgt die Skelettschreibung. Die meisten Kinder schreiben am Anfang fast nur die Konsonanten, die Vokale werden weggelassen. Dies gibt die Wörter zwar lautmäßig nicht vollständig wieder, macht sie aber weitgehend rekonstruierbar, vor allem im Satzzusammenhang.

Das alleinige Hinschreiben der Vokale hingegen führt nicht zu wiedererkennbaren Wörtern. Aus dieser vagen Vorstellung von der Laut-Buchstaben-Zuordnung baut der schulische Unterricht auf und vermittelt das Grundwissen über die Verknüpfung von Lauten und Buchstaben ( Wichtig ist hier auch die Unterscheidung von Buchstabenname (Be) und Lautwert (B), da die Kinder lernen, gehörte Laute einem Buchstaben zuzuordnen). Diese Fertigkeit wird durch wiederholtes Scheiben gefestigt und automatisiert und ein Speicher automatisierter Wörter aufgebaut.

Nun ist die grundlegende Schreibfähigkeit entwickelt. Dann kann trainiert werden, Wörter aneinanderzureihen und daraus Sätze und Texte zu schreiben. Das Schreibtempo erhöht sich, eine eigene Schrift wird entwickelt und die Rechtschreibregeln werden in den Schreibprozess einbezogen.

Stufen des Lesen-Lernens

Das Lesen ist ein komplexer Prozess, der verschiedene Entwicklungsstufen durchläuft, bevor ein Kind die Fähigkeit erlangt, Texte eigenständig zu verstehen und zu interpretieren. Diese Stufen sind entscheidend für die Entwicklung der Lese- und Schreibkompetenz und sollten durch gezielte Übungen und Anleitungen unterstützt werden. Zu Beginn ahmt das Kind den Leseprozess nach, das heißt es tut so, als würde es Lesen. Es folgt das Lesen als Interpretation von Wortbildern und danach erfolgt das Lesen als Wiedererkennen von Buchstabenkombinationen (hier wird oft noch geraten). Die Schule erweitert diese Fähigkeit und das Kind lernt Lesen als Zusammenziehen von Buchstaben (Synthese). Die Kinder trainieren Buchstabe an Buchstabe zu reihen, damit ein Wort als Klangfolge entsteht. Dies ist oft schwierig wegen des bereits erwähnten Unterschiedes zwischen Buchstabenname und Lautwert. In der nächsten Stufe geht der Lerner dazu über, Buchstabengruppen (Vorsilben, Endungen, Silben) zu erkennen und zu lesen. Das Lesetempo erhöht sich und das Kind beginnt von sich aus nach dem Wortstamm zu suchen, der fast immer gleich geschrieben wird.

Das Lesen automatisieren

Nach ausreichender Übung erfolgt die letzte Stufe, nämlich das automatische Lesen: Buchstaben werden in einem hohen Tempo zusammengezogen oder die Wortbilder werden automatisch erkannt. Nun wird es dem Kind auch möglich, sinnentnehmend zu lesen.

Tägliches Üben

Schreiben und lesen lernt man durch schreiben und lesen. Um etwas Abwechslung in das Lesetraining zu bringen und die Kinder auf Bücher neugierig zu machen, empfiehlt es sich, täglich mindestens 10 Minuten zu lesen. Wenn Sie dem Kind hier verschiedene Bücher anbieten können, macht es automatisch mehr Spaß. Die Leseeinheiten können Sie gemeinsam mit dem Kind auf der Checkliste dokumentieren.

Das Schreiben automatisieren

Damit ein Kind sich Wörter richtig einprägt, sollte man verschiedene Lernkanäle ansprechen. Zunächst kann das Kind sich das Wort anschauen und die Schreibweise einprägen. Lesen Sie dazu mehr hier unter diesem Download, in welchem Sie die Visualisierungsmethode nach R. Dilts kennen lernen:

https://potentialo.de/rechtschreibtraining-arbeitsbuch/

Dort finden sie auch eine Anleitung für die Übung mit individuellen Fehlerwörtern oder häufigen Wörtern mit Hilfe eines Karteikartensystems.

Indem das Kind ein Wort langsam und deutlich mitspricht, prägt es sich den Klang ein und wenn es Rechtschreibstrategien selbst wiederholt, wie zum Beispiel, „Wenn ich scht spreche, muss ich st schreiben“, werden die Rechtschreibregeln besser verinnerlicht. Man sollte das Kind auch dazu anhalten, auf die Lautierung des Wortes zu hören. Über die Bedeutung der Handschrift können Sie hier mehr nachlesen
https://potentialo.de/bedeutung-der-handschrift/

Nach und nach erschließt sich das Kind die Rechtschreibregeln. Lesen Sie hierzu mehr unter
https://potentialo.de/schreiben-lernen/

Sichten Sie hierzu auch das Begleitmaterial des Bremer Rechtschreibschatzes mit wichtigen Hinweisen zum Üben anhand von Modellwörtern
https://www.lis.bremen.de/fortbildung/grundschulen/bremer-rechtschreibschatz-84913

sowie die Handreichung zum Grundwortschatz Hessen. Wiesbaden 2020 vgl. https://kultusministerium.hessen.de/infomaterial/handreichung-zum-grundwortschatz-hessen

Selbstständiges Üben von Lernwörtern

  •  Arbeiten mit einer individuell erstellten Lernwörterkartei
  •  Erstellen eines eigenen ABC – Wörterheftes
  •  Lauf- und Partnerdiktate
  •  Sätze bilden
  •  Wörter abschreiben / nachspuren
  •  Wörter sortieren nach: ABC, Buchstabenanzahl, Silbenanzahl, Wortarten

Lese- und Rechtschreibfehler

Der Schriftspracherwerb ist ein komplexer Prozess, der für einige Kinder Herausforderungen mit sich bringen kann. Zu Beginn können Schwierigkeiten beim Aufsagen des Alphabets, der Benennung von Buchstaben und dem Bilden von Reimen auftreten. Diese frühen Hürden können auf Probleme  hinweisen, die für den Aufbau solider Lese- und Schreibfähigkeiten entscheidend sind.

Später, wenn Kinder mit dem Lesen beginnen, können verschiedene Verhaltensweisen auftreten. Dazu gehören das Auslassen, Verdrehen oder Hinzufügen von Wortteilen, eine niedrige Lesegeschwindigkeit, das Ersetzen von Buchstaben, Silben und Wörtern sowie Schwierigkeiten beim flüssigen Vorlesen und dem Behalten des Textverlaufs. Diese Schwierigkeiten können das Leseverständnis beeinträchtigen und zu Frustration führen.

Darüber hinaus können Kinder mit Leseschwäche häufig ein geringes Selbstvertrauen entwickeln und Lesesituationen meiden, um sich unangenehmen Situationen zu entziehen. Dies kann sich auch auf andere Fächer auswirken, da viele Aufgaben und Informationen in Form von Texten präsentiert werden.

Es ist wichtig, diese Probleme frühzeitig zu erkennen und angemessen zu unterstützen, um Kindern die bestmögliche Chance auf eine erfolgreiche schulische Laufbahn zu geben. Individuelle Förderung, angepasste Lernstrategien und eine unterstützende Lernumgebung können Kindern helfen, ihre Lese- und Schreibfähigkeiten zu verbessern und ihr Selbstvertrauen zu stärken.


Download Checkliste tägliches Lesen hier