Immer häufiger werden in Grundschulen Lernwörter zur Vorbereitung von Diktaten als Hausaufgabe aufgegeben. Warum das nicht beim Erlernen der Rechtschreibung hilft, lesen Sie hier.
Fehlende Basiskompetenzen in der Sekundarstufe I
Ein umfassendes Verständnis zu den Strategien der Rechtschreibung hängt von dem Wissen des Kindes über die alphabetische und orthografische Struktur der Wörter ab. Wenn Wörter nur auswendig gelernt werden, ohne dass das Kind sich die Regelhaftigkeit des Wortaufbaus erschließen kann, wird sein Gehirn unnötig belastet.
Das ausreichende Üben der akustischen Durchgliederung und Differenzierung sowie die Fähigkeit zur korrekten Phonem-Graphem-Zuordnung bringt Schülern und Schülerinnen Sicherheit beim Analysieren der Silbenstruktur von Wörtern. Dies ist die Grundlage zum Erlernen der Rechtschreibfähigkeit.
Derzeit gibt es mehr und mehr Schüler und Schülerinnen, denen diese Basiskompetenzen fehlen, wenn sie in die weiterführende Schule kommen. Dementsprechend kann dort dann nicht vertiefend an Rechtschreibregeln gearbeitet werden. Neuntklässler mit elementaren Problemen im Bereich Rechtschreibung sind keine Seltenheit mehr.
Im Prinzip heißt es dann in Bezug auf die Rechtschreib-Förderung dieser Schüler und Schülerinnen, dass man in den Grundschulbereich zurückgeht, um dort anzusetzen, wo die Lücken entstanden sind.
Unterscheidung Lernwörter und Merkwörter
Wörter, die man sich aufgrund des individuellen Entwicklungsstandes noch nicht regelhaft erschließen kann, wird man sich auch dann nicht richtig einprägen, wenn sie vor dem Diktat als sogenannte Lernwörter bekannt gegeben werden. Diese Technik verbessert zwar den Notendurchschnitt der betreffenden Klassenarbeit, hilft aber sonst nicht wirklich weiter!
Die Förderung konzentriert sich stattdessen zunächst auf das Erlernen von lautgetreuen Wörtern und die Schüler und Schülerinnen benötigen besondere Lernhilfen, wie zum Beispiel Markierungen auf Lernkarten oder handlungsleitende Strategien.
Zum Üben von Merkwörtern empfehlen sich Markierungen an schwierigen Stellen und weitere Lernwege zum Behalten der richtigen Schreibweise, wie zum Beispiel
- anschauen und einprägen
- langsam und deutlich mitsprechen
- auf die Lautierung des Wortes hören
- mit der Hand aufschreiben
- überlegen, wie das Wort geschrieben wird: Regeln, Besonderheiten
Üben durch Abschreiben?
Häufiges Abschreiben ist nur dann sinnvoll, wenn es systematisch erfolgt und wenn die Schüler und Schülerinnen mit den orthografischen Grundregeln vertraut sind. Abschreiben ist gut für die Verbesserung der Handschrift, aber nicht zum Auswendiglernen von Wörtern. Es eignet sich also nicht für den Anfangsbereich des Schreibenlernens.
Was bringt das Nachschlagen von Wörtern?
Bereits in der Grundschule sollte das Interesse der Schüler und Schülerinnen an der richtigen Schreibweise eines Wortes geweckt werden. Der Erwachsene dient stets als Vorbild. Lesen Sie hierzu wertvolle Anregungen im Begleitfaden zum Bremer Rechtschreibschatz:
https://www.lis.bremen.de/sixcms/media.php/13/Begleitfaden.pdf
Wie hilfreich ist die Selbstkorrektur?
Die Selbstkontrolle als Arbeitstechnik dient der Übernahme von Selbstverantwortung durch die Lernenden. Fehler zeigen die Lernentwicklung der Schüler und Schülerinnen. Diese sollten lernen, ihnen ohne Angst aber auch ohne Gleichgültigkeit zu begegnen. Das Korrigieren von Fehlern sollte zur Selbstverständlichkeit werden und der Schüler beziehungsweise die Schülerin muss unbedingt genügend Zeit für die Überarbeitung erhalten. Generell sollte der Blick darauf gelenkt werden, was der Schüler oder die Schülerin bereits kann. Der Erwachsene unterstützt die Selbstkorrektur beispielsweise, indem er unter richtig geschriebene Worte einen Punkt setzt und der Schüler beziehungsweise die Schülerin bei den anderen Wörtern versucht, selbst den Fehler zu finden. Nur Fehler, zu denen es bereits Einsichten gibt, können korrigiert werden. Sinnvolle Erläuterungen des Erwachsenen können sein:
- Was funktioniert schon gut?
- Was wurde neu angewendet?
- Was wurde schon selbständig korrigiert?
Die Verwendung von Korrekturzeichen ist hilfreich. Dazu eignet sich der Strategiefächer von Anna Fröhlich:
https://froehlichfresch.files.wordpress.com/2019/12/fresch_fc3a4cher-4.pdf
Besonderer Tipp: Wörter eines geschriebenen Textes bei der Korrektur von hinten nach vorne lesen lassen, damit Fehler nicht „überlesen“ werden.
Diktatformen
Schüler und Schülerinnen mit Rechtschreibproblemen mögen meistens keine Diktate. Wie kann man Diktate trotzdem sinnvoll einsetzen? Diktate können sinnvoll sein, wenn sie die eigentliche Förderung unterstützen.
Rechtschreibung beinhaltet die Auseinandersetzung mit Rechtschreibdenken und eine Übernahme von Rechtschreibverantwortung, sowie das Beherrschen von Nachschlagetechniken, Selbstkorrektur, Rechtschreibwissen und der Berichtigungsfähigkeit. Ein kleiner Bereich ist die Wiedergabefähigkeit. Die üblichen Diktate zielen nur auf die Wiedergabefähigkeit ab, besonders wenn sie aus Lernwörtern bestehen und der Notenfindung dienen sollen. Allerdings können Diktate als Übung der grundlegenden Schreibkompetenz und Zuhörkompetenz durchaus sinnvoll sein, wenn man sich anschließend mit dem Geschriebenen auseinandersetzt.
Unter diesem Link finden Sie viele Ideen zum sinnvollen Einsatz von Diktaten:
POTENTIALO®-Tipps
In diesem Buch verweise ich auf die Visualisierungsmethode nach R. Dilts, die Sie unbedingt einmal ausprobieren sollten, wenn Sie das Gefühl haben, dass bei Ihrem Kind andere Methoden versagen:
https://potentialo.de/rechtschreibtraining-arbeitsbuch/
Lesen Sie auch:
https://potentialo.de/wie-lernt-man-eigentlich-schreiben-und-lesen/
Weiterführende Links
Eine sehr hilfreiche und wirksame Unterstützung bietet das Elternpaket des Lernservers:
https://www.lernserver.de/der-lernserver/eltern/pakete.html
Sehr interessant für Lehrende – aber auch für Eltern, die nach weiteren Materialien suchen, ist folgende Homepage:
https://www.beate-lessmann.de/aktuell.html